„Jeder wird also in der Regel seine Behauptung durchsetzen wollen, selbst wenn sie ihm für den Augenblick falsch oder zweifelhaft scheint.“

Die Klage ist verständlich. In einer Welt, in der Politik und Wissenschaft in 280 Zeichen passen soll und alles sofort kommentiert wird, werden Kompromisse schwieriger. Wenn es dem Menschen immer um die Wahrheit ginge, so müsste er im Diskurs stets seine eigenen Meinungen zu Gunsten der Wahrheit selbstkritisch prüfen und notfalls über Bord werfen. Die reine Beobachtung der Welt stimmt jedoch pessimistisch: die Hauptsache im Streit ist oft die eigene Meinung oder zumindest die Bergung ihrer Reste. Das gute Gespräch scheint ausgedient zu haben.
Der Autor führt durch eine Galerie geglückter Konversationen, zähfließender Scheindebatten und abgekämpfter Meinungswracks. Der Sammelband an Gesprächen, Abschweifungen und Kommentaren wird vom Autor kommentiert und eingeordnet, bis der Autor selbst eingeordnet wird und sich dabei zu steilen Thesen anspornen lässt. Die Regel scheint wieder zu greifen.
Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: die Klage ist keine neue. Sie stammt vom Philosophen Arthur Schopenhauer, der sie um das Jahr 1830 in seiner erst posthum erschienen Schrift „Eristische Dialektik“ veröffentlichte. Sollte sie nach fast 200 Jahren nicht längst überholt sein?