Wenn ein Bus am Ende seiner Route die Haltestelle erreicht, kommt es zuweilen vor, dass beim Prozess der Linien-Neueinrichtung, der Bus eine Art Reset vollzieht, währenddessen sich die Türen nicht öffnen lassen, was sich auch anhand der nicht leuchtenden Knöpfe außen am Bus bemerkbar macht.
Zu eben solch einem Zeitpunkt vor der sich nicht öffnenden Bustür verharrend, nähert sich mir eilend ein schwarzffp2maskierter Anzugträger, Laptoptasche tragend, verdutzt auf mich schauend, den Knopf drückend, mich musternd, sich Kopf schüttelnd zur nächstvorderen Tür wieder entfernend, um auch dort den momentan völlig nutzlosen Knopf zu drücken, ich bin fast gewillt zu sagen: mit Nachdruck.
Statt sich nun der Situation hinzugeben und auf den erlösenden Moment, an dem sich die Türen mit dieser typischen Geräuschkulisse endlich öffnen werden, zu warten, ergreift der Anzugträger eine seltsame Art von Courage: Er joggt zur vordersten Tür, sucht Kontakt zum zeitungslesenden Busfahrer, gestikuliert, zeigt auf sich, auf die Tür, klopft schließlich sogar an die coronabedingt explizite Busfahrertür und in ebenjenem Moment ertönt das Geräusch des sich resetenden Busses, das Piepen der Elektronik und wie ein Wunder leuchten die Knöpfe, welche daraufhin wie gewohnt ihre Arbeit tun und nach Betätigung die Türen öffnen.
Der Anzugträger wirft mir beim Einsteigen einen vielsagenden Blick zu, den ich allerdings schwarzffp2maskiertbedingt lediglich wage als „Gut, dass hier mal jemand was gemacht hat. Der wäre noch ohne uns los.“ interpretiere. Es ist ein eingebildeter Sieg und ich gönne ihn Ihm nicht. Er setzt sich nicht, er hat es eilig.
Als der Bus nach vier Minuten los fährt, kreuzen sich unsere Blicke noch einmal. Ich weiß nicht, ob es an den zugestiegenen Jugendlichen liegt, aber er erscheint mir weniger selbstsicher. Seine Laptoptasche hält er krampfhaft am Körper.
(Januar 2022)